Erlebnisbericht – Nähprojekt Tsinjony Madagaskar

Gemüse- und Früchtesäckli aus madagassischem Stoff, durch Madagassinnen genäht.

In unserer viermonatigen Auszeit wollten wir reisen, neue Eindrücke gewinnen, Menschen kennenlernen und unsere Fähigkeiten einbringen. Wir haben uns für eines der ärmsten, aber auch vielfältigsten Länder dieser Erde entschieden – Madagaskar.

Im Frühjahr 2023 kamen wir in Tana an und landeten zugleich in einer völlig fremden und unvergesslichen Welt. Viel Verkehr, Abgase, löcherige Strassen, heruntergekommene Gebäude, mangelnde Hygiene, ganz viele Kinder und Obdachlose in zerrissenen Kleidern… Zu sehen war aber auch die Tüchtigkeit aller Bewohner…

Mit viel Respekt traten wir dementsprechend unsere erste Fahrt im „Taxi-Brousse“ nach Tsinjony an. In diesem Dorf, gut 20km ausserhalb von Tana, liegt die Krankenstation CSB II. Sie wird von TSARABE Madagaskar unterstützt und durch die Hebamme Madame Rojo geleitet. Der Aufenthaltsraum dieser Krankenstation war für das Nähprojekt vorgesehen.

Doch zu Beginn drohte das Projekt zu scheitern! Die Näherinnen, welche am Projekt teilnehmen sollten, waren im Dorf nicht aufzufinden. Zwei Nähmaschinen waren verschwunden und eine defekt… Wir entschieden, dem Ganzen etwas Zeit zu lassen und organisierten ein zweites Treffen für die kommende Woche.

Und siehe da! Die fünf Näherinnen, ein Mechaniker für die Revision der Nähmaschinen und die zwei fehlenden Nähmaschinen trafen ein. Einmal mehr liessen wir uns von der Zuverlässigkeit und der Tüchtigkeit dieser Menschen beeindrucken! Nun fehlte nur noch das Material. Der dünne Baumwollstoff aus der Stofffabrik in Antsirabe, welche ca. 4h südlich der Hauptstadt liegt und das Garn für die Kordel. Glücklicherweise konnten wir jedoch alles direkt in Tana finden.

Es konnte endlich losgehen. Die fünf Frauen beobachteten aufmerksam und auch etwas kritisch meine Vorgehensweise. Alle fertigten danach ihren ersten Prototyp und wir diskutierten Verbesserungsvorschläge. Mit viel Eifer, etwas Neues zu lernen und einen Verdienst zu bekommen, starteten sie ihre Arbeit.- Schon bald mussten wir mehr Stoff kaufen und konnten die Näherinnen selbständig arbeiten lassen.

Pro Säckli verdient eine Näherin 2000 Ariary. Damit können sie sich zum Beispiel einen Bund Bananen kaufen. Durch ihre gegenseitige Unterstützung war es für jede einzelne möglich vier bis fünf Säckli pro Tag zu nähen. Der Erlös, aus dem Verkauf in der Schweiz, geht an TSARABE Madagaskar.

Als wir nach einem Monat ins Projekt zurückkehrten, waren alle Säckli fertig. Wichtig war dann eine sorgfältige Nachkontrolle und das Achten auf eine saubere Verarbeitung. Wenn wir bedenken, dass die Näharbeiten durch eine mit Handkurbel betriebene, alte Singer Nähmaschine gefertigt wurden und daher nur eine Hand zur Führung des Stoffs frei war, erklärt es die zum Teil unregelmässigen Nähte. Dies hat jedoch dazu geführt, dass jedes Säckli zu einem Unikat wurde.

Schlussendlich ist das Projekt sinnvoll, weil es zu 100% aus Madagaskar stammt, weil die Frauen während dieser Zeit einen fixen Lohn erhielten und ihre Fähigkeiten im Nähen verbessert wurden. Sie waren durch dieses Projekt bestärkt und durften, wie ich selbst, eine Wirksamkeit erfahren, die nachhaltig zufrieden macht. Daher wünsche ich mir, dass die Säckli in der Schweiz Anklang finden und die Frauen, auch ohne meine Hilfe vor Ort, die Produktion weiterführen können.

Isabelle Spring

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